Nachfrage in Deutschland: Die Rezession kommt im Konsum an
Deutschland steckt in der Rezession – und das verändert messbar die Nachfrage der Haushalte. Insgesamt sinkt die Konsumlust und das Interesse verlagert sich klar zu günstigen Produkten und Dienstleistungen. Das zeigt der Nachfragemonitor von HASE & IGEL auf Basis des NEUTRUM Marktcheck.
Big Data & KI offenbaren Nachfrage-Muster
Für die 35 Konsum-Kategorien des Statistischen Bundesamtes misst die KI-gestützte Cloud-Software seit Anfang 2018 die Entwicklung der Nachfrage. Basis ist die laufende Messung der Google-Suchhäufigkeiten nach Begriffen, die den Absatz in diesen Kategorien statistisch vorhersagen können. Auf dieser Basis ermitteln die Algorithmen Trends und stellen Prognosen.
Für die aktuelle Analyse haben wir die bisher gemessene und von den Machine-Learning-Modellen prognostizierte Entwicklung für das 1. Halbjahr 2024 verglichen mit jener für das 1. Halbjahr 2023. Basis sind mehr als 3.3 Milliarden Suchanfragen – sämtliche Google-Eingaben, die zu den 806 repräsentativen Suchbegriffen in Deutschland getätigt wurden.
Nachfrage sinkt – und verschiebt sich zu billigeren Angeboten
Sowohl der direkte Vergleich als auch die KI-Trendanalysen zeigen ein deutliches Bild:
Einerseits ist die gemessene Nachfrage gegenüber dem Vorjahreszeitraum insgesamt um 3,2 Prozent gesunken. Der Trend weist derzeit nicht auf signifikante weitere Verluste hin – wohl aber auf eine längerfristige Stagnation.
Andererseits hat sich die Nachfrage klar verschoben – hin zu Produkten und Dienstleistungen, die weniger kosten, aber das Lebensgefühl erhalten.
Gewinner: Günstig ausgehen und herumkommen
Besonders deutlich zeigen dies die drei Kategorien, die am meisten Gewinnen – allesamt im Erlebnisbereich:
So sind insgesamt Gaststätten die großen Gewinner mit 19 Prozent über dem Vorjahresniveau – doch werden diese Zahlen getrieben von großem Zulauf für günstige Fast Food Schnellrestaurants wie Dönerbuden, McDonald’s oder Asia Imbisse. Klassische Restaurants mit aufwändigerer Küche – z.B. Italiener, Spanier oder Inder – verlieren dagegen im mittleren zweistelligen Prozentbereich.
Ähnlich sieht es bei Übernachtungen aus. Ist das Interesse am auswärts-Schlafen zwar insgesamt um knapp 18 Prozent gestiegen, fokussiert es sich primär auf AirBnBs und Hostels, während klassische, gehobenere Hotelketten deutlich verlieren. Eine Ausnahme stellt hier jedoch der oberste Premiumbereich dar: die Nachfrage nach exklusiven Resorts, Lodges und SPAs steigt.
Auch im Reisebereich boomen günstige Pauschalreisen (gut 18 Prozent mehr), während die Nachfrage nach teureren, individuelleren Urlaubsmöglichkeiten stagniert oder gar sinkt.
Verlierer: Goodbye, teure Pandemie-Lieblinge
Die größten Verlierer zeigen teilweise noch fortgesetzte Corona-Effekte. So muss Fitnessausrüstung gegenüber dem ohnehin schon großen Rückgang im Vorjahr weitere knapp 19 Prozent Einbußen hinnehmen – lediglich vergleichsweise günstige Produkte wie Hanteln und Hantelbänke können dem Abwärts-Sog entgehen. Gerade hier verbinden sich offenbar vorgezogene Käufe in der Pandemie und sinkende Preisbereitschaft.
Ähnlich sieht es aus bei Essens-Lieferdiensten. Während Corona zum absoluten Aufsteiger avanciert, werden sie quer durch die Anbieter hinweg seit Ende der Pandemie nach unten durchgereicht – insbesondere, seit die Menschen wieder mehr aufs Geld achten. Rückgänge von gut 18 Prozent sind die Folge.
Das Sparen hat auch einen dritten Bereich befallen, der während der Pandemie noch boomte: Damenbekleidung. Sich etwas gutes tun mit einem schicken Look, selbst wenn ihn nicht allzu viele Menschen zu sehen bekommen – in der Pandemie war das „Trostverhalten“. Bei knapperem Budget muss die alte Garderobe reichen: während Funktionskleidung und Unterwäsche noch leicht wachsen, verlieren gerade teure und extrovertierte Artikel wie Ball-, Abend- und Cocktailkleider im unteren zweistelligen Prozentbereich.
Die Deutschen sparen – doch zuletzt am Erlebnis
Die Muster bestätigen sich auch über die anderen Kategorien hinweg: Trotz Spar-Neigung im Aufwind sind Erlebnis- und Verwöhnkategorien wie z.B. Kultur, Outdoor, Mobilität und Medienkonsum – während teurere Bereiche wie Elektronikgeräte, Fahrräder und Autos oder Blumen und Gartenartikel dem Rotstift zum Opfer fallen.
Im Bereich der Körperpflege sieht man diesen Gegensatz noch einmal sehr deutlich: So steigt die Nachfrage nach Pflegeartikeln und -geräten für den Heimgebrauch deutlich, während sich die Deutschen immer weniger in die Hände von Masseuren, Friseuren oder Nagelstudios begeben.
So sehen wir ein Land, das den Gürtel enger schnallt – und dabei versucht, dass es sich nicht allzu sehr nach sparen anfühlt. Für Hersteller, Dienstleister und Händler bedeutet dies tendenziell einen Margenverlust unterhalb des absoluten Premiumbereichs – und eine Sortimentierung hin zu Produkten, die möglichst viel Lebensfreude für möglichst wenig Geld vermitteln. Es gewinnt, wer hier rechtzeitig umdisponiert und Marktpotenziale erschließt.
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