Serie CDU-Vorsitz: Macht’s Merz? Big-Data Einblicke
„Aller guten Dringe sind drei“? Im Falle der aussichtsreichen Kandidaten um den CDU-Vorsitz gilt: nur einer kann gewinnen. Hilft uns Big Data, den Ausgang vorherzusagen?
HASE & IGEL hat dafür die „Fieberkurve“ zu drei wichtigen Indikatoren unter die Lupe genommen: Umfang und Tenor der Presseberichte, die Gespräche und Diskussionen in Sozialen Medien und die Suchen bei Google. Wer hat die Dynamik auf seiner Seite? Wo liegen die Stärken und Schwächen?
Erkenntnis #1: Friedrich Merzs Höhenflug hält nicht an – doch er landet komfortabel
Als Tiger gestartet, als Vorsitzender gelandet? Ist Friedrich Merz mit seiner überraschenden Kandidatur in den ersten Tagen aus der Vergessenheit direkt in die Stratosphäre abgehoben, sinkt das Interesse am Kandidaten seitdem wieder rapide: Der Wirbel um die Personalie weicht der Spekulation über den Ausgang des Rennens.
Das Interesse an Merz nähert sich damit von oben dem Niveau der relevanten Mitbewerber, die in etwa gleichauf liegen – mit leichtem Vorteil für Jens Spahn. Schreibt man den Trend fort, werden sich noch im November alle Kandidaten nah beieinander einpendeln.
Erkenntnis #2 – der Merz-Hype ist ein Social Media Phänomen
Der User gibt, der User nimmt: die medialen Werte von Merz werden wohl weiterhin stärker schwanken als die von Kramp-Karrenbauer und Spahn, da ein Großteil seines bisherigen Vorsprungs auf die Sozialen Medien zurückgeht.
Berichteten Tageszeitungen, Magazine und Rundfunk bisher ungefähr gleich häufig über die Kontrahenten – mit jeweils nur 3-4 Prozentpunkten Abstand – vereinte Merz ganze 50 Prozent der Gespräche im Social Web auf sich… der mit Abstand größte Teil der Welle entfaltete sich auf Twitter. Fun Fact: die Verteilung auf Twitter entspricht bisher fast exakt jener der Google-Suchen.
Im Social Web jedoch – und insbesondere bei Twitter – sind die Themen wesentlich flüchtiger als in journalistischen Medien. Der noch deutliche Vorsprung von Merz in der öffentlichen Diskussion hängt also maßgeblich davon ab, wie präsent er in der Social Media Debatte bleibt.
Erkenntnis #3 – Kramp-Karrenbauer aktiviert überraschend am Besten
Viel erreicht, nichts bewegt – bei der Flut an Informationen und der Geschwindigkeit im Medienbetrieb ist Reichweite noch lange kein Garant für Wirkung. Ein guter Indikator dafür ist hingegen die Engagement-Rate: wie viele Reaktionen – Likes, Shares, Kommentare – löst ein Beitrag im Netz aus?
Hier schlägt die Stunde ausgerechnet von Annegret Kramp-Karrenbauer: in der Presse oft als blass beschrieben, erzielen Beiträge zu ihr im Schnitt knapp 19% mehr Engagements (Likes, Kommentare, Shares) als zum Schlusslicht namens… Merz!
Erkenntnis #4 – Kramp-Karrenbauer am Beliebtesten, Spahn am Unbeliebtesten… und Merz egal?
„There is no such thing as bad publicity“? Die meisten Politiker ziehen positive Resonanz vor. Die Beste im Feld erzielt Annegret Kramp-Karrenbauer: als Einzige der Drei wird sie medienübergreifend etwas häufiger positiv als negativ erwähnt und weist auch in den Social Media Beiträgen eine rund doppelt so positive (wenn auch immer noch insgesamt negative!) Wahrnehmung auf wie ihre Kontrahenten.
Gerade der vermeintliche Shooting Star Merz erzielt nicht nur die schwächste Engagement-Rate, sondern berührt auch die Emotionen am Wenigsten: in den Sozialen Medien haben 15% weniger Äußerungen zu ihm eine emotionale Färbung als zu den gleichauf liegenden Wettbewerbern.
Wo er Gefühle weckt, sind es oft keine positiven – im Social Web sind Jens Spahn und Friedrich Merz gleich unbeliebt. In den journalistischen Medien bleibt hingegen Merz emotional ein unbeschriebenes Blatt, während Spahn auch dort das Schlusslicht markiert. Hier ist das Feld indes recht nah beieinander.
Gelingt es Merz nicht, stärker und vor Allem positiver die Emotionen anzusprechen, stehen die Chancen gut für ein siegreiches Comeback von Kramp-Karrenbauer. Die Aktien von Jens Spahn tendieren derzeit schlecht: bei der Nachfrage und der Aktivierung lediglich im Mittelfeld, polarisiert er emotional am Stärksten und wird am Negativsten wahrgenommen.
Erkenntnis #5 – die Debatte belebt das Interesse an der CDU und ihre Chancen auf öffentliche Wirkung
Konkurrenz belebt das Geschäft – in diesem Fall das der Partei! Bestimmt insbesondere im Social Web seit Längerem die AfD das Bild – über keine Partei wird häufiger gesprochen und intensiver diskutiert – machte sich durch die Eröffnung des Rennens um Angela Merkels Nachfolge die CDU für kurze Zeit zum Gesprächsthema Nummer eins im Parteienspektrum und erzielte seitdem auch die meisten Engagements. Sie beendete damit den kurzen Höhenflug der Grünen nach deren großen Wahlerfolgen – und erreichte nach diesen die zweitbeste emotionale Resonanz.
Es bleibt spannend – seien Sie dabei!
Das Schöne an Big Data: die Daten gehen uns nicht aus, und sie kommen laufend nach. HASE & IGEL bleibt daher dran, in den nächsten Wochen überprüfen wir laufend unsere Analysen und Prognosen – und laden Sie ein, an diesem Live-Experiment teilzunehmen: kann uns Big Data den Ausgang der Wahl verraten?
Dabei dürfen wir natürlich nicht vergessen: am Ende stimmen die Delegierten der CDU ab, nicht der deutsche Wähler oder gar Journalisten und User. Die These sei dennoch erlaubt: eine Volkspartei in der Identitätskrise wird wählen, bei wem sie die besten Chancen vermutet, Menschen im Land zu erreichen… und positiv zu bewegen.
Datengrundlage: Untersucht wurden deutschlandweit vom 27.10.-4.11. sämtliche öffentlichen Beiträge in sozialen und journalistischen (Online-) Medien, die mindestens 5 Engagements erzielt haben, sowie alle Google-Suchen. Zum Einsatz kamen dabei Talkwalker, Google Analytics und die Mangools Tool-Suite.