Serie CDU-Vorsitz: Sprechen wir über Inhalte!

Kandidaten für den CDU Vorsitz

HASE & IGEL blickt durch die Big Data Brille auf das Rennen um den CDU-Vorsitz – erlaubt uns die Analyse aller Suchanfragen bei Google sowie der Beiträge in journalistischen und sozialen Medien, einen Sieger vorauszusagen? Standen bisher die Zahlen im Mittelpunkt blicken wir heute auf Inhalte, um die Dynamik näher zu beleuchten – und fragen, ob sich das Blatt wendet.

Letzte Woche haben wir vorhergesagt

  1. Das Feld bleibt dicht beisammen.
  2. Jens Spahns Öffentlichkeits-Offensive bringt ihm keine Sympathien (und keine größeren Chancen) – drängt jedoch Kramp-Karrenbauer in den Hintergrund.
  3. Kramp-Karrenbauer vermag immer weniger, ihre relativ höhere Sympathie in Reichweite zu übersetzen.
  4. Lachender Dritter könnte Merz sein… sofern es ihm gelingt, weitere Image-Rückschläge zu vermeiden und die Menschen besser zu aktivieren.
  5. Will die CDU das Ringen um den Parteivorsitz für eine politische Revitalisierung nutzen, muss sie die Debatte intensiver und polarisierter führen.

Diese Woche finden wir eine größere Dynamik als zuletzt erwartet, sehen uns jedoch in den Thesen 2-5 weitgehend bestätigt:



Erkenntnis #1: Merz hebt wieder ab, Kramp-Karrenbauer bleibt zurück.

Wir fühlen uns etwas an den Beginn dieses Rennens erinnert: geht es nach öffentlichem Interesse, fliegt Merz – gerade auf dem Niveau der anderen Kandidaten angekommen – erneut in eigenen Sphären: seiner ist der erste Name, der den Menschen zum Ringen um den CDU-Vorsitz in den Sinn kommt.

Was sich jedoch immer deutlicher ändert: lagen Spahn und Kramp-Karrenbauer bislang eng zusammen, hat sich Jens Spahn deutlich von seiner Konkurrentin abgesetzt – inzwischen ein stabiler Trend.



Erkenntnis #2: Auch in den journalistischen Medien gerät Kramp-Karrenbauer aus dem Fokus.

Von Anfang an sorgte kein Kandidat für so viel Gesprächsstoff in sozialen Medien wie Friedrich Merz – ein Trend, der sich wieder verstärkt hat. Der Aufwind des Jens Spahn jedoch hält an und lässt nicht nur, wie zuletzt, in sozialen Medien, sondern nun auch in den journalistischen Medien Kramp-Karrenbauer mit immer größerem Abstand zurück. Die Kandidatin vermag schlichtweg immer weniger durchzudringen.



Erkenntnis #3: Emotionale Trendwende – Spahn erhält Atempause, Merz verliert, Kramp-Karrenbauers “moralische Führung” schmilzt.

Nach wie vor gelingt es Jens Spahn nicht, seine große Öffentlichkeit in eine positivere Wahrnehmung zu verwandeln – jedoch vermochte Spahn, die negativen Gefühle etwas zurückzudrängen und damit weniger als bisher zu polarisieren. Da zugleich die positive Wahrnehmung seiner Wettbewerberin deutlich zurückging, hat Kramp-Karrenbauer einen Großteil ihres bisher klaren “moralischen” Vorsprungs auf Spahn eingebüßt. 

Die Rolle des Polarisierers ging an den Kandidaten, der bisher die Menschen eher kalt ließ: die negative Wahrnehmung zu Friedrich Merz ist deutlich gestiegen und schickt ihn trotz leichter Gewinne auch bei positiven Wahrnehmungen auf den letzten Platz im Wettbewerb der Herzen.



Erkenntnis #4: Blicken wir auf Inhalte – Merz polarisiert privat, Kramp-Karrenbauer bleibt blass, Spahn zwischen Politik und Sexualität

Die stärkste Dynamik sehen wir insgesamt seit Start der Kandidaturen bei Merz, die schwächste bei Kramp-Karrenbauer. Betrachten wir die Themen, über die am Häufigsten gesprochen wird, wenn der Name des/der Kandidat/in fällt, und die Begriffe, die am Häufigsten zu den Kandidaten gesucht werden, spiegelt sich das:

Bei Merz sind es vor Allem private Themen, die diskutiert werden, im Positiven wie (derzeit primär) negativen: seine Vermögensverhältnisse, seine vergangenen Engagements in der Wirtschaft, sein Wertekanon. Er ist zudem der Kandidat, der am Unabhängigsten von den Wettbewerbern genannt wird.

Zu Kramp-Karrenbauer finden sich hingegen so gut wie keine eigenen Themen – sie wird vorrangig im Kontext ihrer Wettbewerber, der CDU als Ganzem und Angela Merkel genannt.

Spahn hingegen verbindet man als Einzigen ernstlich mit politischen Themen und Funktionen: dem Migrationspakt und seinem Ministeramt. Ansonsten kann er sich aber weder von Merkel noch von seinen Mitbewerbern thematisch entscheidend lösen, und das recht hohe Interesse an seiner Homosexualität ist ein zweischneidiges Schwert.



Erkenntnis #5: Mehr Widerspruch zwischen den Kandidaten, polarisierende Themen – die CDU profitiert

Als Angela Merkel das Rennen eröffnete, sahen wir zunächst, wie die CDU plötzlich für viele Menschen wieder interessant, ja bewegend wurde. Im konsensorientierten Kurs und den eher leisen Tönen der Kandidaten nach dem Start schwand auch dieses Interesse. Nun erleben wir eine Renaissance: Mit stärkerer Abgrenzung der Kandidaten untereinander, Aufregerthemen und einem dynamischeren “Rennen” hebt sich die CDU wieder deutlich von den anderen Parteien ab. Nur die AfD verteidigt, wie es Populisten gebührt, ihren Spitzenplatz als Gesprächs- und Aufregerthema.

Dass eine lebendigere Debatte und selbst Vorwürfe gegenüber Kandidaten (Merz und die Finanzen) nicht zu negativen Gefühlen gegenüber der Partei führen muss, wird dabei deutlich: die CDU erhält im Saldo das positivste Echo im Social Web – nach der AfD! – und polarisiert zugleich weniger als SPD und Grüne.



Wie geht es weiter? Unsere Prognosen:

Blicken wir auf die aktuellen Trends, sehen wir folgende Entwicklungen:

  • Die Ruhe der letzten Woche war trügerisch: Merz ist auch weiterhin für Überraschungen gut – Interesse und Sympathie schwanken massiv, vor allem in sozialen Medien. Ob er davon profitieren kann, hängt davon ab, ob es ihm gelingt, auch politisch Themen zu setzen: bisher steht positiv wie negativ der Privatmann im Fokus. Das birgt ein Dauerrisiko des Themas “Der Kandidat und das Geld”. Derzeit lässt nichts eine solche Wende erkennen. Damit birgt die Dynamik für ihn mehr Risiken als Chancen.
  • Kramp-Karrenbauer büßt ihr Potenzial weiter ein: Interesse und Präsenz schwinden fortgesetzt, der Sympathievorsprung schmilzt ab und es gelingt ihr nicht, eigene Themen und Akzente – sei es privat/menschlich oder politisch – zu setzen. So hängen ihre Chancen immer mehr von Risiken ihrer Wettbewerber ab, weniger von eigenen Stärken.
  • Jens Spahn gelingt es zeitweilig, etwas weniger zu polarisieren, jedoch nach wie vor nicht, positive Emotionen zu wecken. Er ist der einzige Kandidat, der bisher mit politischen Themen durchdringt, und gewinnt so an Interesse. Er kann aber damit bisher nicht die eigene Person positiv aufladen. Mit einem Gewinnerthema könnte sich dies ändern. Das Interesse an seiner Homosexualität wächst und bietet mögliches Positionierungs-Potenizal im menschlichen Bereich.
  • Die CDU vermag die zunehmende Debatte zwischen den Kandidaten in Interesse, Resonanz und Sympathien umzumünzen – und während die Kandidaten polarisieren mögen, tut es die Partei dabei nicht. Der Outlook: Wer wagt, gewinnt.

HASE & IGEL bleibt dran – seien Sie gespannt auf den nächsten Teil der Reihe!

Datengrundlage: Untersucht wurden in dieser Welle deutschlandweit vom 15.-21.11. sämtliche öffentlichen Beiträge in sozialen und journalistischen (Online-) Medien, die mindestens 5 Engagements erzielt haben, sowie alle Google-Suchen. Zum Einsatz kamen dabei Talkwalker, Google Analytics und die Mangools Tool-Suite.

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