Das Social-Media 1×1: Wie nutzen die Deutschen Soziale Medien?
Wir besuchen sie beinahe täglich: soziale Medien. Doch obwohl wir immer mehr Zeit mit ihnen verbringen – sie liegt in Deutschland derzeit bei durchschnittlich knapp 2 1/2 Stunden pro Tag –, hüllen sich die Plattformbetreiber in Schweigen darüber, wie aktiv die Nutzer bei ihnen tatsächlich sind. Aktuelle, vergleichbare Daten, wieviel sich wo und wann auf Facebook, Twitter und Co. in Deutschland tut? Fehlanzeige.
Wir haben uns deshalb dieser Frage von außen genähert – mit einer Big Data Analyse des Nutzerverhaltens. Konkret: durch eine Untersuchung der Suchen nach den verschiedenen Kanälen, ihrer Erwähnung in (online-)Gesprächen und der Verteilung der Engagements (Likes, Kommentare etc.). Dabei haben wir uns auf die privaten Social Media konzentriert, also XING, LinkedIn, ResearchGate und Co. bewusst außen vor gelassen.
Die Ergebnisse sind spannend – sie zeigen Scheinriesen ebenso wie unterschiedliche Muster in Ost und West.
Wer suchet, der findet… Social-Media
Der wichtigste Einstieg beim Surfen mit dem Browser ist Google. 86% der deutschen Desktop-Nutzer und sogar 98% der Smartphone-Surfer nutzen die Suchmaschine, um zu ihrem Wunschort im Netz zu gelangen. Auch für bekannte Seiten wird immer häufiger nicht mehr die URL in den Browser eingegeben, sondern nur der Name (z.B. Facebook), worauf die standardmäßig verknüpfte Google-Suche die Seite empfiehlt oder der Voice Assistant sie direkt darüber aufruft. Über Google-Suchen nach den verschiedenen Plattformen können wir so “durch die Hintertür” nicht nur Zahl und Ort der Menschen erfassen, die etwas über sie suchen, sondern auch einen erheblichen Teil der Aufrufe. Wir haben daher sämtliche Google-Suchen in Deutschland aus den letzten 12 Monaten ausgewertet – der Zeitraum ist gewählt, um auftretende Schwankungen durch Neugründung von Plattformen größtenteils zu vermeiden.
Die Plattform, die dabei die meisten Nutzer anzog, ist das Google-eigene YouTube, dicht gefolgt von Facebook. (Grafik 1). Mit einigem Abstand folgen die Fotoplattform Instagram, das wortfixierte Twitter und zuletzt Snapchat mit seinen kurzlebigen Inhalten. Diese Verteilung deckt sich mit den neuesten umfrage-basierten Schätzungen zur aktiven Social Media Nutzung in Deutschland – also den Usern, die nicht nur irgendwo registriert sind, sondern tatsächlich die Netzwerke regelmäßig besuchen. Doch wird dabei nur konsumiert, oder auch aktiv gesprochen?
Talking About: Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!
User Generated Content, Viralität, die Macht des Schwarms – was wurde nicht alles orakelt über die “Social Media Revolution”. Während sich zweifelsohne Etliches geändert hat durch den Erfolg von Social Media, ist das aktive Engagement der User doch eher ein Phänomen im unteren Prozentbereich. Welcher Plattform gelingt es also, ihre Nutzer am stärksten anzuregen? Wir haben dafür zwei Metriken untersucht: Zum Einen, über welche Social Networks die Deutschen am meisten sprechen. Zum Anderen, wo sie am ehesten liken und sharen.
Erstaunlich zu sehen ist, dass über Plattformen, die häufig gesucht wurden, nur unterproportional viel gesprochen wird: Zwar ist Snapchat auch hier Schlusslicht des Feldes, aber der meistgesuchte Videoriese YouTube belegt in den Gesprächen einen abgeschlagenen vierten Rang (Grafik 2), Instagram zieht deutlich an Facebook vorbei und Twitter erreicht fast dasselbe Volumen wie der dunkelblaue Riese. Rückschlüsse auf die Nutzung lässt das nicht unmittelbar zu – es könnte ja durchaus sein, dass YouTube und Facebook so etabliert sind, dass man nicht mehr viel darüber spricht. Was wir jedoch ablesen können, ist ein Status-Ranking der Social Networks: die Vermutung liegt nahe, dass über diejenigen Plattformen mehr gesprochen wird, mit denen die User ihren sozialen Status aufwerten können (oder dies zumindest meinen).
Um diesen “Fever Pitch” abzubilden, haben wir in die Analyse statt der rund 128.000 Beiträge pro Monat, in denen Menschen über Social Media sprechen, nur jene einbezogen, die viele Engagements bewirkt haben – in zwei Stufen: mindestens 5 Engagements (3.600 Beiträge im Monat) bzw. mindestens 25 Engagements (1.600 Beiträge im Monat).
Wen shared’s? User-Engagement im Vergleich
Gespräche über die “heißesten” Plattformen bedeuten ja aber nicht unbedingt, dass man dort auch am Aktivsten ist – im Gegensatz: sein Engagement im hipperen Kanal wird man womöglich eher überbetonen, das in langweiligeren Umfeldern unter den Tisch fallen lassen.
Eine harte Währung für die Aktivität auf der Plattform ist indes, wo am meisten Likes, Shares und Kommentare erfolgen. Um dies zu ermitteln und die Social Media Plattformen zu vergleichen, haben wir über viele Kundenprojekte und Themen hinweg ein Jahr lang über 2,3 Millionen Engagements ausgewertet (Grafik 3).
Hier führt Facebook deutlich: nirgends sonst sitzt der “Like”/”Share”-Finger so locker am Abzug. Sehr dicht auf dem Fuß folgt Twitter – und ist damit gemessen an den Nutzerzahlen am Viralsten. Bei Instagram, vor allem aber bei YouTube, ist das Publikum deutlich passiver.
Die soziale (Medien) Ost-West-Achse
Zahlreiche Studien untersuchen die Social Media Nutzung nach Alter, Geschlecht und Bildungsstand. Wenig untersucht hingegen sind bisher regionale Muster in der Nutzung. Diese Lücke haben wir ein Stückchen geschlossen und analysiert, in welchen Regionen welches Netzwerk am Beliebtesten ist. Entdeckt haben wir spannende Unterschiede zwischen Ost und West: Gehen wir nach den Suchen und Besuchen über Google, ist Facebook primär im Osten der Republik Spitzenreiter, im Westen führt hingegen YouTube (Grafik 4). Wenn wir uns jedoch die Fotoplattform Instagram und das wortgewandte Twitter anschauen, dann verschwinden die Grenzen schnell wieder. So ist Instagram in allen Bundesländern gleichermaßen beliebt und Twitter hingegen unisono auf einem abgeschlagenen vierten Platz. Da ist sie doch, die Einheit, die wir so sehr lieben.
Big Data macht Verhalten sichtbar
Natürlich ist dieser Artikel keine umfassende Studie zum Social Media Verhalten der Deutschen. Eher ist er eine (hoffentlich 😉 ) elegante Fingerübung, die zeigt, was wir mit Big Data aus dem Netz meistens bewerkstelligen können: dort, wo Unternehmen Daten nicht preisgeben, oder nur dann veröffentlichen, wenn sie für sie gut aussehen, lassen sich durch die Analyse des Verhaltens ihrer Kunden und Nutzer belastbare, weitreichende Rückschlüsse ziehen, wie gut Marke und Produkte tatsächlich ankommen und wen sie ansprechen.
Das Entscheidende: Dafür braucht es nicht die Mitarbeit des Unternehmens – Sie können gar nicht wissen, wer gerade Ihr Geschäft von außen durchleuchtet. Im Netz sind wir alle nackt.
Wer das jedoch weiß, kann sich die Daten- und Informationsflut zunutze machen, um seine Marktpotenziale zu bewerten und Kampagnen optimal zu steuern. So identifizieren wir tagtäglich für Unternehmen der deutschen Wirtschaft Trends, Geschäftsmöglichkeiten und die besten Plattformen für Ihre Werbebotschaft. Bald auch für Sie?