Dieselskandal? Die Daten sprechen eine klare Sprache!
Im September 2015 hieß es nicht “Skandal im Sperrbezirk”, sondern Skandal in der Automobilbranche. Genauer gesagt: die Geburtsstunde des Dieselskandals. Während sich die Automobilhersteller jahrelang erfolgreich hinter verschleierten Daten versteckten, brach das Kartenhaus zusammen und die Fakten über die realen Abgaswerte von Dieselmotoren kamen ans Licht. Wir haben uns gefragt, wie es heute – knapp 3,5 Jahre später – um den Dieselskandal und dessen Folgen steht.
- Hat der Skandal wirklich den Deutschen die Lust am Diesel verdorben?
- Welche Hersteller werden von den Endverbrauchern am ehesten negativ mit dem Skandal verbunden?
- Was bewegt die Verbraucher im Bezug auf den Dieselskandal?
Wir haben uns sämtliche deutsche Google-Suchen zu diesem Thema vor und nach dem Dieselskandal ausgewertet sowie das aktuelle Echo in sozialen und journalistischen Medien analysiert – und einen spannenden Einblick gewonnen, wie es abseits der Schlagzeilen wirklich aussieht.
Erkenntnis #1: die Langzeitwirkung ist weniger gravierend als gedacht.
Wie auf der nachfolgenden Grafik zu erkennen ist, hat der Dieselskandal – entgegen der Erwartungen – für einen Anstieg der Suchanfragen nach “Diesel kaufen” gesorgt. Auch die Suche nach “Diesel Gebrauchtwagen” und “Diesel Neuwagen” hat nur wenig bis gar nicht unter dem Skandal gelitten. Interessant ist außerdem, dass sobald die Suchanfragen nach “Dieselskandal” steigen (Höhepunkt ca. alle 6 Monate in Grafik 2), auch die Suchanfragen nach “Diesel kaufen” einen Höhepunkt verzeichnen – und nicht wie erwartet “Diesel verkaufen”, welches nur mäßig Anstieg verzeichnete. Die Top-Suchen im Bereich “Diesel kaufen” sind zudem nicht primär bange Fragen wie “kann man noch einen Diesel kaufen?” (lediglich Platz 4), sondern zielen mehrheitlich auf Themen wie “Diesel gebraucht kaufen”, “Umweltprämie” oder “Diesel Euro 6 kaufen”. Somit scheint das Interesse am Dieselfahrzeug wenig getrübt worden zu sein.
Diese Erkenntnis wirft weitere Fragen auf, wie: Ist der Dieselskandal vielleicht doch weniger abschreckend als die Medien vermuten lassen? Ist der Skandal vielleicht sogar ein Verkaufshelfer für Dieselfahrzeuge?
Erkenntnis #2: Des einen Leid, ist des anderen Freud’.
Beim Interesse an Kauf und Verkauf von Dieselautos können wir starke, regionale Unterschiede feststellen. Auf der einen Seite stehen die Panikverkäufer, die seit Beginn der Krise anteilig stärkeres Interesse am Verkauf ihres Diesel haben. Diese findet man besonders in den Bundesländern Baden-Württemberg, Saarland, Niedersachsen, NRW und Hessen (rot).
Auf der anderen Seite stehen die opportunistischen Käufer, die sich die Panikverkäufe nun zu nutze machen konnten, um günstig ein Dieselfahrzeug zu erwerben – mit höherem Interesse als vor dem Dieselskandal. Prägnante Gebiete sind dabei besonders die “neuen Bundesländer” wie Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (dunkelblau).
Vergleicht man die Werte von verkaufen und kaufen, so ist erkennbar, dass sich beide Werte in etwa die Waage halten. Man kann also nicht generell von einer negativen Entwicklung sprechen, sondern davon, dass sich Panikverkäufer und Dieselskeptiker auf der einen Seite und opportunistische Schnäppchenjäger sowie unerschütterliche Dieselkäufer in etwa die Waage halten.
Erkenntnis #3: Auf das Fahrverbot folgt die Sammelklage.
Auch in der Entwicklung der Suchwörter wird deutlich, dass der Dieselskandal große – wenn auch polarisierende – Wellen schlägt. Während auf der einen Seite immer mehr Menschen danach suchen, ob sich eine Anschaffung eines Dieselfahrzeuges lohnt (Keyword: “Diesel kaufen ja oder nein”), beschäftigen sich die Geschädigten bereits mit den Folgen des Skandals. Hier fallen besonders häufig die Schlagwörter “Diesel Fahrverbot” (Platz 2) und “Sammelklage Diesel” (Platz 4). Gefolgt werden diese Schlagwörter von den Herstellern, die Endverbraucher mit dem Skandal in Verbindung bringen.
Doch auf welche Hersteller konzentriert sich die Wut?
Erkenntnis #4: VW ist Sündenbock Nummer 1. Doch es trifft nicht alle Konzernmarken gleich.
In der Analyse der Markennennungen in Verbindung mit dem Wort Dieselskandal tauchen alle großen deutschen Automobilhersteller auf: Volkswagen, Audi, Porsche, BMW und Mercedes-Benz (siehe Wordcloud) – wenn auch in unterschiedlicher Gewichtung. Volkswagen führt das Feld an mit 50,4% aller in Kombination mit dem Dieselskandal, genannten Markennennungen. Zusammen mit Audi und Porsche werden sogar über 75% der Beiträge verteilt. Und Mercedes und BMW schlagen je mit knapp 10% zu Buche.
Doch die Nennung eines Namens alleine ist ja nichts Schlimmes. Oder doch? Wir haben uns hierfür auch die “Stimmungen” angeschaut, in denen über die einzelnen Marken berichtet wurde. Besonders einen hat es hart getroffen: Volkswagen. Der wolfsburger Automobilhersteller hat nicht nur die meisten Beiträge erhalten, sondern kriegt mit 27,9% auch die meisten Negativ-Beiträge. Gefolgt wird dieser von Audi mit 24,2% und BMW mit 19%. Mercedes und Porsche kommen hingegen fast glimpflich davon. Besonders Porsche kann mit 6% positiver Beiträge, den Skandal scheinbar gut abfedern.
Erkenntnis #5: Der Dieselskandal – Fluch und Segen zugleich?
Während in den Köpfen der Verbraucher der Dieselskandal negativ verhaftet ist, so hat er scheinbar auch seine guten Seiten für eine Verkehrswende. Schaut man sich die Suchanfragen bezüglich Elektromobilität an, erkennt man, dass diese immens vom Dieselskandal profitiert hat. Besonders über das letzte Jahr begann sich ein, getragen vom Dieselskandal, eigener, unabhängiger Trend für Elektromobilität herauszukristallisieren. Der Dieselskandal könnte langfristig gesehen womöglich die Starthilfe für die Elektromobilität gewesen sein.